In diesem Beitrag möchte ich ausgewählte Ergebnisse unserer Forschungsarbeiten des Instituts für Nutztierwissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) wiedergeben.

Ich möchte vorausschicken, dass ich hier besonders auf ökologische Nachhaltigkeitsaspekte (Umweltthemen) eingehe, obwohl Nachhaltigkeit im landwirtschaftlichen Kontext auch ökonomische und soziale Themen bis hin zum Tierwohl beinhaltet. Ich definiere Nachhaltigkeit gerne mit dem Konzept „Eine Gesundheit“ („One Health“). Das bedeutet, dass Nachhaltigkeit gleichzeitig die Gesundheit von Menschen (durch gesunde Lebensmittel und geringe Umweltschäden), die Gesundheit von Nutztieren und Pflanzen bzw. allgemein Organismen und die Gesundheit der Natur erreichen muss. Nachhaltigkeit muss sich auf die Gesundheit und das Wohlergehen der heutigen Generationen, und ebenso zukünftiger Generationen beziehen.
Nicht nur beruflich, auch bezüglich meiner Herkunft hat die heimische Landwirtschaft hohe Relevanz für mich. Auf einem vielfältigen Bauernhof mit ursprünglich Milchvieh, Zucht- und Mastschweinen, Legehennen, Marktfruchtanbau sowie Grünlandbewirtschaftung im oberösterreichischen Alpenvorland in den 1980er- und 1990er-Jahren aufgewachsen, hat mich schon früh die Frage interessiert, wie wir unsere Flächen am besten bewirtschaften, wie die Landwirtschaft negative Auswirkungen minimieren und Leistungen optimieren kann. Wenn ich im Jahr 2050 auf die Vergangenheit (den Zeitraum seit 2024) zurückblicke, würde ich gerne erzählen können, dass die Landwirtschaft gemeinsam mit verantwortungsvollen Konsument:innen eine positive Entwicklung geschafft hat, hin zu einer noch klima- und umweltgerechteren, multifunktionalen Produktion. Dass dabei Tiere gut gehalten werden und – wie früher – zur Schließung von Nährstoffkreisläufen bzw. verstärkt als Verwerter von Reststoffen dienen, dass die Bäuerinnen und Bauern durch faire Preise wieder angemessen entlohnt werden und eine angesehenere Stellung in der Gesellschaft innehaben. Und dass die gesamte Gesellschaft und die Wirtschaft einen Weg eingeschlagen haben, der nicht in eine völlige Klimakrise führt. Die Landwirtschaft spielt hinsichtlich der treibhausgasbedingten Klimawirkung zwar nicht die größte Rolle, hat aber in meiner Zukunftsvision den ihr möglichen Beitrag durch beispielsweise Humusmehrung und Methanreduktion geleistet.
Auch wenn es in mancher medialen Berichterstattung und gemäß bestimmter Meinungsmacher anders erscheinen mag, haben wir in Österreich eine Landwirtschaft, die eine vergleichsweise gute und nachhaltige Entwicklung zeigt.
Dies gilt besonders auch für die heimische Tierhaltung. Klar ist: Die Landwirtschaft hat noch einen weiten Weg vor sich, um bestimmte Entwicklungen, die nach heutigem Wissen nicht nachhaltig sind, wieder wettzumachen. Nachhaltigkeit ist auch kein Zustand, der irgendwann vollständig erreicht wird, es geht vielmehr um kontinuierliches Arbeiten an einer Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit. Zudem gibt es Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen Nachhaltigkeitsaspekten, für die Kompromisse gesucht und gesellschaftlich ausgehandelt werden müssen.
Die durchschnittlichen österreichischen Bilanzen, beispielsweise bei Treibhausgasemissionen von Milch, Fleisch und Eiern, bei Ammoniakemissionen, Wasserverschmutzung (Nitrat) oder Artenvielfalt, können sich im internationalen Vergleich sehen lassen. Gute Nachhaltigkeitsergebnisse in Umweltthemen bedingen allerdings teilweise höhere Produktionskosten oder geringere Erlöse. Nur wenn die mit hoher Produkt- und Prozessqualität erzeugten Waren von den Konsument:innen wertgeschätzt und zu entsprechenden Preisen gekauft werden, kann dieser Vorteil der heimischen Produktion in die Zukunft mitgenommen werden. Eine erfolgreiche wirtschaftliche Bilanz ist ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit. Wenn wir uns die Kaufentscheidungen der durchschnittlichen Konsument:innen und die internationalen Handelsbilanzen von Lebensmitteln sowie den Rohstoffen für deren Produktion ansehen, müssen wir feststellen, dass anstelle unserer heimischen, vergleichsweise gesunden und hochwertigen Lebensmittel oft billigere, importierte Nahrung, mitunter in Form von industriell hochverarbeiteten Produkten, auf den Tellern landet.
Die Treibhausgasemissionen unserer wichtigsten tierischen Lebensmittel, d. h. von Milch, Rindfleisch oder Schweinefleisch, liegen im europäischen Vergleich sehr gut und weisen um ein Viertel (25 %!) geringere Emissionen je kg Produkt als der EU-Durchschnitt auf. Für Milch und Rindfleisch konnte eine europäische Vergleichsstudie aus dem Jahr 2010 (von A. Leip und Kollegen) für Österreich sogar die besten, geringsten Werte ermitteln. In unseren Studien für die ARGE Rind oder aktuell auch für die SalzburgMilch konnten wir diese Vorreiterrolle bestätigen. Der Grund ist eine gute Produktivität bei einem vergleichsweise hohen Anteil heimischer Futtermittel, die meist direkt von den Betrieben stammen. So liegen beispielsweise die Treibhausgasemissionen von dänischer Milch um 14 % höher, besonders, weil dort weniger Futtermittel von den Betrieben stammen und ein Großteil des Futters importiert wird. Bei brasilianischem Rindfleisch zeigen zum Beispiel die Treibhausgasemissionen einen (mindestens) vierfach höheren Wert als in Österreich. Gründe dafür sind die geringe Produktivität der brasilianischen Rindermast und die Verluste an Kohlenstoff aus den Böden und aus Biomasse nach Landnutzungsänderungen und besonders nach Tropenwaldrodung.
Seit dem Höchststand landwirtschaftlicher Emissionen in Österreich um 1985 gingen diese trotz der Beibehaltung einer produktiven Erzeugung bis 2005 zurück und sind seither in etwa konstant. Die gesamten landwirtschaftlich verursachten Treibhausgasemissionen reduzierten sich in dem Zeitraum um fast 30 %, die Methanemissionen um ca. 20 %. Wie alle anderen Sektoren muss die Landwirtschaft Treibhausgase reduzieren.
Wobei eine produzierende Landwirtschaft zwangsläufig mit Treibhausgasemissionen verbunden ist, die auch durch die Einspeicherung von Kohlenstoff im Boden nicht dauerhaft und vollständig kompensiert werden können. Rückläufige Methanemissionen bewirken kühlende Temperatureffekte. Solche erfreulichen Effekte hinsichtlich der Erderwärmung konnten wir in unseren Studien auch für Österreich feststellen. Für die ambitionierten und wichtigen Klimaziele der nächsten Jahre und Jahrzehnte könnte die Landwirtschaft über Humusaufbau und Methanreduktion einen bedeutenden positiven Klimaeffekt leisten. Maßnahmen dafür sind jedoch mit Aufwand, geringeren Erlösen und Kosten für die Landwirtschaft verbunden, und es bedarf eines finanziellen Ausgleichs dieser Leistungen, neben öffentlichen Geldern über faire, den Leistungen entsprechende Produktpreise.
Auch wenn der Klimawandel eines der brennendsten Themen unserer Zeit ist, sollte landwirtschaftliche Produktion nicht nur hinsichtlich Treibhausgasemissionen und Klimawirkungen beurteilt werden. Bei anderen Umweltwirkungen ist die Bilanz der Landwirtschaft deutlich wichtiger für ein Gesamtergebnis, z.B. für Luft- und Wasserqualität. Bei den versauernden Ammoniakemissionen und der Überdüngung durch (Nitrat-) Stickstoff schneiden die heimischen Betriebe sehr gut ab. So liegen im Vergleich zum Durchschnitt der dänischen sowie deutschen Milcherzeugung die Ammoniakemissionen je Hektar in Österreich um 18 % geringer, jene von Nitrat um etwa 60 % bzw. 40 %.
Grundsätzlich liefert unsere multifunktionale Landwirtschaft nicht nur negative Umweltwirkungen, sondern erbringt zahlreiche positive Leistungen. Dazu zählen produktive Ökosystemleistungen, zum Beispiel in Form von erzeugten Lebensmitteln oder daraus resultierender Wertschöpfung. Regulierende Ökosystemleistungen wie Kohlenstoffspeicherung, der Schutz unserer Artenvielfalt oder die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser sowie kulturelle Ökosystemleistungen wie zum Beispiel das Erholungspotenzial eines Aufenthalts in unserer Kulturlandschaft und das Landschaftsbild zählen auch dazu.
Im internationalen Vergleich schneidet die heimische Tierhaltung bei der Bereitstellung von Lebensmitteln und bei Lebensmittelkonkurrenz gut ab, wie unsere BOKU-Studien zeigen. Das bedeutet, es wird vergleichsweise wenig Futter eingesetzt, das Menschen direkt als pflanzliche Lebensmittel nutzen können. Die österreichische Tierhaltung erzeugt mehr wertvolles Protein, als sie an nahrungstauglichem Protein in den Futtermitteln verbraucht, besonders, wenn die höhere Proteinqualität der tierischen Produkte (das für unseren Bedarf bessere Aminosäurenmuster) berücksichtigt wird. Allerdings gibt es hier große Unterschiede zwischen Tierarten, Nutzungsrichtungen oder mehr bzw. weniger intensiven Produktionsweisen. An erster Stelle – weit vor den anderen – liegt dabei die Milcherzeugung, die aus einem Kilogramm nahrungstauglichem Pflanzenprotein im Durchschnitt knapp 4 Kilogramm Protein von vergleichbarer Qualität in Form von Milch und Rindfleisch liefert. Die Erzeugung von Schweine- und Geflügelfleisch sowie die intensive Stiermast schneiden jedoch in der derzeitigen Form ungünstig ab und würden bedeutend besser dastehen, wenn mehr nichtnahrungstaugliche Nebenprodukte verwertet würden.
Hinsichtlich weiterer regulierender und kultureller Ökosystemleistungen seien beispielhaft die Erhaltung der Biodiversität und die Landschaftsästhetik herausgegriffen. Es ist auch hierzulande in den letzten Jahrzehnten ein großer Schwund der Artenvielfalt festzustellen, an dem die Landwirtschaft ihren Anteil hat. Eine intakte Natur ist für eine funktionierende Landwirtschaft unerlässlich, und ein Ausfall der natürlichen Regulierung von Schädlingen, Pflanzenkrankheiten oder der Bestäubung ist mit Aufwand, Kosten und Ertragsentgang verbunden. Insofern muss weiter daran gearbeitet werden, der Natur Raum zu geben. Unter anderem hat das Österreichische Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) schon einige Fehlentwicklungen, die in anderen Ländern stärker sichtbar sind, abgemildert bzw. Fortschritte erreicht. Und im internationalen Vergleich steht die österreichische Landwirtschaft hinsichtlich Biodiversität nicht schlecht da. Allerdings ist die Situation zu kritisch, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Nicht zuletzt leidet die Biodiversität zunehmend unter den Folgen des Klimawandels. Unsere schöne Landschaft und damit verbundene Freizeitmöglichkeiten werden international hoch geschätzt, wie auch der heimische Tourismus wiederspiegelt. Zusätzlich bietet unsere Landschaft Naherholungspotenzial für die heimische Bevölkerung. Dies gilt ganz besonders für die alpine, Dauergrünland-dominierte Kulturlandschaft. Wir müssen diese artenreiche Kulturlandschaft gemeinsam in die Zukunft retten!
Unsere Landwirtschaft erzeugt nicht nur Umweltwirkungen, die in Österreich vergleichsweise gering sind, sondern liefert auch zahlreiche positive Leistungen. Es braucht eine ganzheitlichere Betrachtung der Landwirtschaft. Eine höhere Anerkennung der multifunktionalen Beiträge der Landwirtschaft durch die Gesellschaft bzw. Konsument:innen mit entsprechender Entlohnung wäre für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit wichtig. Insgesamt zeigt sich die Landwirtschaft in Österreich auf einem guten Weg, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, aber weitere Anstrengungen und die Unterstützung der Gesellschaft sind erforderlich, um eine wirklich nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft zu gewährleisten.
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